Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 16.08.2007 23:43von RLindner • Mitglied | 1.201 Beiträge
Stürzende Linien entzerren
Sind bei der Aufnahme stürzende Linen entstanden (Bild 1), kann man sie beim Vergrößern
wieder zu parallelen Linien machen.
Vorweg: Diese Korrektur ersetzt keine Fachkamera mit Standarteneinstellung und
ist nur in gewissen Grenzen durchführbar.
Beim Vergrößern stellt man die Parallelität wieder her, indem in den optischem Prozess durch ein verjüngen der Senkrechten eingegriffen wird.
Wird der Neigungswinkel richtig gewählt, wird die Parallelität der ursprünglich parallelen Linien, die im Negativ konvergieren, in der Vergrößerung wieder hergestellt.
Normalerweise sind beim Vergrößern die Negativebene, die Objektivebene und die Bildebene exakt parallel. Verändert man eine der Bedingungen (bspw. durch ein
nicht exakt justierten Vergrößerer), hat der Strahlengang unterschiedlich lange
Wege bis er auf das Fotopapier trifft, folglich wird das abgebildete Bild verzerrt wiedergegeben.
Jede noch so kleine Abweichung von der Idealbedingung stellt ein Verlust in der Abbildungsleistung dar!
3 Wege 1 Ziel
Negativ Waagerecht- Objektiv waagerecht – Papierebene geneigt
Bild 2
Bei dieser Methode lassen sich nur minimale Verzerrungen korrigieren und sollte
auch nur angewandt werden, wenn der Vergrößerer keine Neigung von Negativ oder Objektiv zulässt. Bei dieser Methode ergibt sich die Nebenwirkung, dass das Bild
nur in einer kleinen Zone scharf abgebildet wird.
Durch ein Schließen der Blende kann dem entgegengewirkt werden, jedoch sind die methodischen Grenzen schnell erreicht.
Negativ geneigt – Objektiv waagerecht – Papierebene geneigt
oder
Negativ waagerecht – Objektiv geneigt – Papierebene geneigt
Bild 3
Entweder man neigt das Negativ und das Papier in Entgegengesetzter Richtung so lange bis das Bild allgemein scharf erscheint, oder man neigt das Vergrößerungsobjektiv in derselben Richtung wie das Papier.
Nicht alle Vergrößerungsgeräte sind mit einer Vorrichtung zum Neigen des Negativs ausgestattet, weshalb wohl die Methode mit der geneigten Objektivebene am gängigsten ist.
Beide Methoden verlangen einen fein justierbaren Neigungswinkel von Negativ oder Objektiv.
Wichtig ist, dass sich alle 3 Ebenen in einem Punkt treffen, nur dann ist eine durchgehende Schärfe im projizierten Bild möglich ohne dass man das Objektiv mehr als normal abblenden müsste.
Praktischerweise neigt man zuerst das Negativ/Objektiv und unterbaut anschließend die Papierebene so lange bis sich die Bedingung für ein scharfes Bild erfüllt hat
Ungünstig konstruierte Vergrößerungsrahmen erschweren das Anhaben der Papierebene, weil ja nun der Rahmen nur noch auf der Kante aufliegt und leicht verrutschen kann.
Durch die Neigung hat der Strahlengang unterschiedlich lange Wege zurückzulegen bis er auf das Fotopapier trifft, folglich kommt unterschiedlich viel Licht auf dem Papier an. Der Teil des Bildes welcher am weitesten entfernt liegt, muss entsprechend nachbelichtet werden.
Wenn man die Beispielbilder aufmerksam betrachtet, wird man feststellen das der rechte Wolkenkratzer nun etwas senkrechter steht jedoch noch immer leicht stürzt. Die Entzerrung wurde auf das linke Gebäude hin vorgenommen. Nachträglich lassen sich Verzerrungen nur von Elementen gleichermaßen korrigieren die denselben Abstand zur Kamera haben, der rechte Wolkenkratzer steht jedoch zum linken Gebäude ~250m weiter hinten und befindet sich zusätzlich weiter außerhalb der Bildmitte. Folglich kann bei einer nachträglichen Entzerrung nur 1 räumliche Ebene in gleichem Maße entzerrt werden.
Eine Entzerrung in mehr als einer Ebene ist somit nur bei der Aufnahme selbst mit einer Fachkamera möglich, die es erlaubt das Objektiv in allen Richtungen zu verstellen.
Viel Spaß!
RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 19.08.2007 23:04von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge
Hi Roland,
eine interessante Anleitung. Vielleicht probier ich es in der nächsten Duka-Sitzung, in der ich Architekturaufnahmen verarbeite, mal aus. Allerdings wüßte ich nicht, dass ich bei meinem Gerät (Kaiser VCP 6007) die Negativ- oder die Objektivebene verstellen kann. Weiß das zufällig jemand ??
Wahrscheinlich lohnt die Aufhebung stürzender Linien aber nur bei Aufnahmen, die einem entweder sehr wichtig sind oder die genug Umfeld um das Hauptmotiv bieten, oder ?? Denn bei den gezeigten Beispielen erkenne ich ein ähnliches Problem, wenn ich an meinem Rechner gescannte Dia's drehe, um den Horizont vom Ozean grade zu rücken - mit jeder Änderung fallen Bildinformationen weg, wenn man anschließend wieder dem Format entsprechend schneidet. Bei den von Dir gezeigten Beispielen würde links und rechts einiges an Bildinhalten wegfallen, wenn man die Abzüge anschließend wieder rechteckig schneiden würde .
Gruß
Sven
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Meine Handwerkszeuge: EOS 5D, EOS 5D MK II, EF 24-105/4 L IS USM, EF 70-200/2.8 L USM, EF 50/1.8 II, Cosina AF 19-35/3.5-4.5 Digital, Sigma 12-24 F4.5-5.6 II DG HSM; Canon PowerShot SX50 HS; Yongnuo YN-568 EX II, YN-622C; Panasonic Lumix DMC-G6, Lumix Vario 14-42/3.5-5.6 asph./Mega O.I.S., LUMIX G VARIO 45-150mm / F4.0-5.6 ASPH MEGA O.I.S.
RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 20.08.2007 08:19von Bernd • Mitglied | 1.664 Beiträge
Hallo Roland,
ein sehr wertvoller Beitrag von Dir. Entzerren beim Vergrößern ist eine eigenlich eine relativ einfache Methode, die leider viel zu wenig eingesetzt wird. Stürzende Linien können, bewußt eingesetzt, ein Bild unheimlich dynanmisch erscheinen lassen (Weitwinkel und Froschperspektive), häufig sind sie jedoch nur ein lästiges Übel bei Architekturaufnahmen, das wenig Beachtung des Fotografen findet, vom Betrachter jedoch als störender Mangel empfunden wird.
ciao
Bernd
By the way:
www.BerndDaub.meinAtelier.de
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RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 04.06.2008 22:41von Neocortex • Mitglied | 638 Beiträge
Zitat von RLindner
Sind bei der Aufnahme stürzende Linen entstanden (Bild 1), kann man sie beim Vergrößern
wieder zu parallelen Linien machen.
Die Brücke ist aber immer noch schief...
Bei meinem Opemus-Vergrößerer kann man die Objektivbühne nach Scheimpflug verschwenken und damit stürzende Linien ohne ungleichmäßige Schärfeebene beheben. Bleibt aber trotzdem das Problem der ungleichmäßigen Belichtung. Hab's selber noch nicht ausprobiert, weil ich noch beim Einrichten meiner neuen Duka bin, werde aber mal posten, wie es damit klappt.
Viele Grüße
Riccardo :-)
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"Ich habe Fotografie studiert, indem ich die Anleitung auf der Kameraschachtel gelesen habe."
- Elliott Erwitt -
http://flickr.com/photos/bresemann/
RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 05.06.2008 01:45von fragö • Mitglied | 521 Beiträge
Zitat von Grisu
Hi Roland,
Allerdings wüßte ich nicht, dass ich bei meinem Gerät (Kaiser VCP 6007) die Negativ- oder die Objektivebene verstellen kann. Weiß das zufällig jemand ??
Gruß
Sven
Dies geht mit Sicherheit! Selbst bei meinem alten 'Schätzchen' einem KAISER VP 3500 besteht die Möglichkeit; habe es allerdings noch nicht ausprobiert.
Laut Bedienungsanleitung ist es auch bei den KAISER Vergrößerungsgeräten VCP 7000 / VCP 3600 und VPX 7000 möglich - und die sind alle schon mindestens 20 Jahre alt. Mit den neueren Geräten auf jeden Fall!
Gruß aus Anröchte
Franz
RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 09.06.2008 18:53von piu58 • Mitglied | 27 Beiträge
Zitat von strind77
Ich denke, die Problematik mit der ungleichen Belichtung stellt sich nur bei extremen Einstellungen. Meist genügen ja nur kleinere Verschiebungen.
Gruß
jens
Ich entzerre sehr oft. Meist ist es mit kleinen Verschiebungen nicht getan, und die Belichtungszeiten sind extrem unterschiedlich. Faktor 3 ist keine Seltenheit. Abwedeln und Nachbelichten sollte man also aus dem Handgelenk können - denn neben der rein vergrößerungsmäßigen Korrektur kommen ja dann noch die bildwichtigen Aufhellungen und Abdunkelungen hinzu. Ich bin dann immer froh, Entzerrungen *nicht* am Negativ mit der Fachkamera zu machen, denn dann muss man auf den Belichtungsspielraum des Negativs vertrauen.
Wenn man wirklich ordentlich entzerrt, ist es recht schwer, die Linien wirklich gerade zu bekommen. Ich nehme ein Blatt belichtetes und entwickeltes - also schwarzes - Fotopapier und lege es an die Kante der Vergrößerungskassette an und schiebe es neben die charakteristischen Linien. Das geht ganz gut. Dennoch ist das erste Bild immer mal nicht ganz perfekt und eine Entzerrkorrektur notwendig.
Scharfstellen ist eine weitere Herausforderung. Ich benutze eine Lupe, und stelle zuerst die Schärfe auf himmelsseitigen, vergrößerten Bildhälfte ein. Dort ist es auf dem Vergrößerungsbrett manchmal ganz schön dunkel, Dann kontrolliere ich an der Fußbodenseite, die etwas weniger kritisch ist und korrigiere die Scheimpflugeinstellung am Objektiv nach.
Wirklich lustig wird es, wenn man in zwei Ebenen entzerren muss. Mein Vergößerer gestattet die Objektivverstellung nur in einer Ebene. Da heißt es dann zublenden und auf die Tiefenschärfe vertrauen.
Bleibt dran, am Sucher.
--
Uwe Pilz.
RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 10.06.2008 10:43von phosphor • Mitglied | 1.232 Beiträge
Wichtig ist, dass sich alle 3 Ebenen in einem Punkt treffen, nur dann ist eine durchgehende Schärfe im projizierten
Das reicht nicht. Alle drei Ebenen müssen sich in einer Linie treffen. Das heißt alle drei Ebenen müssen vor dem Verstellen planparallel sein. (Carl Koch/ Jost Marchesi: Handbuch der Fachkamera)
Gruß Phosphor
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Die logarithmische Dichte eines Films
ist der dekadische Logarithmus
des reziproken Wertes des Transmissionsgrades
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RE: Stürzende Linien entzerren
in Dunkelkammer & Entwicklung 07.05.2009 09:16von Sputnik (gelöscht)
Zitat:
Das reicht nicht. Alle drei Ebenen müssen sich in einer Linie treffen. Das heißt alle drei Ebenen müssen vor dem Verstellen planparallel sein. (Carl Koch/ Jost Marchesi: Handbuch der Fachkamera)
Hi.
Bin eben durch Zufall auf diesen Beitrag gestoßen und möchte, obwohle er ja wahrlich nicht der aktuellste ist, trotzdem mal nachhaken:
Wie in alles in der Welt sollen sich beim Entzerren drei Ebenen in EINER LINIE schneiden? Und aus welchem Grund sollten die drei Ebenen vorher zwingend planparallel eingestellt gewesen sein? Ich finde das Käse, egal, in welchem Buch das auch stehen mag. Allerdings lasse ich mich auch gern eines Besseren belehren, schließlich habe ich noch nie ne Großformatkamera in der Hand gehabt und bin für neue Erkenntnisse offen. Das Buch mag ich mir deshalb aber nicht extra kaufen.
Ahoi und schönen Abend,
Siegfried
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