#1

Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 19.09.2010 13:10
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

Die Entscheidung für eine Mittelformat-Systemkamera ist leider auch immer eine Entscheidung für Gewicht, wobei das 4,5x6 Format sich da ja noch recht bescheiden gibt. Aber trotzdem:
mit AE-Prisma und 1,9/80 wiegt sie 2,3 kg,
mit Lichtschacht und 2,8/80 "nur" noch 1,4 kg.
Allerdings ist das so viel auch wieder nicht im Vergleich zu großen SLRs und DSLRs mit voluminösem Batteriegriff und noch voluminöserem Zoom-Objektiv, wenn man einigermaßen Lichtstärke will.

Trotzdem habe ich erst mal einen Objektivtest gemacht, denn das 1,9er ist schon ein ordentlicher Klotz. Natürlich ist mein Test nicht professionell, gibt mir aber Aufschluß über die Praxistauglichkeit, wenn auch nicht über die absoluten Objektivdaten. Fotografiert habe ich auf FP4 und dann mit dem Canon 8800f gescannt. Im Ergebnis konnte ich bei allen Blenden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Objektiven sehen (und ab 2,8 auch nur sehr geringe zwischen den Blenden), außer natürlich, daß ich nur bei einem davon die Blende 1,9 zur Verfügung habe. Allerdings sind die Aufnahmen damit doch recht weich, was man auch schon im Sucher an geringerem Kontrast erkennen konnte. Auf die eine Blende kann ich sicher verzichten, deshalb werde ich das 1,9er wieder abgeben.

Dann habe ich wechselweise den Lichtschacht und den AE-Prismensucher, mit dem die Kamera Zeitautomatk hat, benutzt. Die Zeitautomatik ist natürlich sehr komfortabel und der Sucher hat auch eine Taste für AE-Lock. Das Sucherbild ist sehr groß, ich schätze fast 1:1. Damit kann man im Prinzip genauso fotografieren wie mit einer KB-SLR nur eben auf einem Negativ mit 2,7-facher Größe (Fläche). Obwohl kaum größer wirkt aber das Mattscheibenbild mit Lichtschacht und Lupe ganz anders, grandioser. Der Lichtschacht ist bei ausgeklappter Lupe praktisch vollständig gegen störendes Fremdlich abgeschirmt. Daß das Bild seitenverkehrt ist, ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Da wäre auch eine Orientierung zur Ausrichtung der Kamera eine große HIlfe. Nach einer Gittermattscheibe werde ich auf jeden Fall Ausschau halten. Die hat zwar keine Einstellhilfe, aber das ist das seltsame diagonale Schnittbild auch nicht wirklich. Ich finde nie was Schräges und muß die Kamera schräg halten, wenn ich das Schnittbild benutzen will. Mit den Mikroprismen konnte ich noch nie scharf stellen. Ich denke, daß der Lichtschacht mein Standardsucher wird, wenn ich nicht gerade Action fotografiere oder vielleicht Porträts, wo ich Hochformat brauche. Spart auch wieder 1/2 Pfund. Ich fotografiere ja zu 95% im Querformat. Für Hochformataufnahmen ist ein Lichtschacht natürlich kaum zu gebrauchen, weil das Bild dann auf dem Kopf steht. Für Freihand-Porträtaufnahmen ist das sicher ganz unmöglich.

In Verbindung mit dem AE-Prisma ist der Auslösehandgriff sehr praktisch, weil die Kamera damit besser vor dem Auge gehalten werden kann. Er ist schön ergonomisch geformt und sehr stabil. Auch mit Lichtschacht kann man die Kamera damit gut halten, aber dann ist es angenehmer den oberen Gehäuseauslöser zu benutzen. Allerdings kommt man nicht mehr gut an den Zeitenknopf mit dem Handgriff. Braucht man bei Zeitautomatik ja auch nicht. Deshalb würde ich den mit Lichtschacht nicht benutzen. Die Kamera liegt auch so gut in der Hand.

Ich war überrascht, welche Zeiten mit der Kamera noch machbar sind. Das ist natürlich der Vorteil des hohen Gewichts. Das erste Bild (Seitenalter in der Abtei Brauweiler) wurde freihändig, ich hatte mich, nicht die Kamera, nur an eine Säule gelehnt, zwischen 1/4 und 1/8 sec belichtet, das 2. (Orgel) mit 1/15.

Die Negative bzw. die Scanns sehen natürlich ganz anders aus als die vom KB-Film. Das ist schon ein Riesensprung. Da kann man auch mal ein 16:9-Panorama draus schneiden ohne Qualitätsverlust (Bild 3).

Die M645 1000s hat keine Wechselmagazine, was ich bei den kurzen Filmen auch entbehrlich finde. Der Film wird aber sehr einfach in Filmeinsätze geladen, die dann in die Kamera kommen. Wenn man geladene Filmeinsätze dabei hat, dann ist das Filmwechseln eine Sache von weniger als 1/2 Minute.

Ansonsten macht die Kamera rundum einen sehr soliden Eindruck. Und wenn man denn mal upgraden will: die Objektive passen natürlich auch an die neuesten Modelle, die man (zum Preis eines Kleinwagens) mit einem digitalen Rückteil ausstatten kann.

Noch ein paar technische Angaben:
Tuch-Schlitzverschluß 8sec-1/1000sec (mit AE-Sucher nur bis 2sec)
manuell hochklappbarer Spiegel
Möglichkeit für Mehrfachbelichtung
Selbstauslöser
Abblendtaste zur Tiefenschärfekontrolle
Motorantrieb ansetzbar

das war es erst mal

Angefügte Bilder:
neu-3.jpg
neu-4.jpg
neu-7.jpg

Gruß
Jochen
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#2

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 19.09.2010 18:47
von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge

Hallo Jochen,

ein guter Bericht. Meine Erfahrungen mit der Mamiya sind - soweit ich denn mitreden kann, denn ich kenne ja weder das 1,9er, noch den Prismen-Sucher - mit Deinen identisch. Mit etwas Übung kann man auch mit dem Lichtschacht im Hochformat fotografieren, auch Portraits, nur dann ist es mit der seitenverkehrten Ansicht schon etwas verwirrend - man braucht Zeit zum Ausrichten. Und nicht selten geht man ulkige Verrenkungen ein, um damit im Hochformat zu fotografieren. Aber es geht, spätestens mit Stativ ist es kein Problem, das wirkt ohnehin entschleunigend auf die Aufnahmen.

Auch mit dem Gewicht hast Du recht - zwar (wie oben angegeben) fehlen mir noch die richtig schweren Brocken, aber wenn ich mir überlege, was die EOS 3 mit Booster inkl. 8 Mignon-Akkus und dem noch relativ leichten EF 70-200/4 L USM schon wiegt (das zieht einem die Halswirbelsäule unangenehm nach vorne), dann ist die Mamiya definitiv nicht schwerer oder schlechter zu händeln.

Meine Frau hat heute morgen das bei mir gänzlich in Vergessenheit geratene Weihnachtsgeld in Erinnerung gerufen, was Ende November kommt. Ist zwar nicht mehr das Gleiche wie früher, mittlerweile sind es nur noch 30%, aber da kam mir dann doch der Gedanke, sie vielleicht dieses Jahr doch nochmal zu einer "Aufrüstung" meines Mamiya-Systems überreden zu können... ein 45er (das seltene 35er - KB-äquivalent einem 24er - ist zu teuer und vermutlich auch zu extrem in der Wirkung) Objektiv oder ein Prismensucher wären schon eine feine Sache. Man wird sehen.

Ich wünsche Euch beiden - Dir und Deiner Systemkamera - in den nächsten Jahr(zehnt)en auf jeden Fall noch viel Spaß.

Grüße
Sven




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Meine Handwerkszeuge: EOS 5D, EOS 5D MK II, EF 24-105/4 L IS USM, EF 70-200/2.8 L USM, EF 50/1.8 II, Cosina AF 19-35/3.5-4.5 Digital, Sigma 12-24 F4.5-5.6 II DG HSM; Canon PowerShot SX50 HS; Yongnuo YN-568 EX II, YN-622C; Panasonic Lumix DMC-G6, Lumix Vario 14-42/3.5-5.6 asph./Mega O.I.S., LUMIX G VARIO 45-150mm / F4.0-5.6 ASPH MEGA O.I.S.
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#3

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 19.09.2010 19:48
von uthaburn • Mitglied | 1.631 Beiträge

Eine schöne Kamera hast Du Dir da angeschafft. Ich wünsche Dir viel Freude an dem tollen Teil.
VG
Frank


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#4

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 01:32
von Penta • Mitglied | 1.852 Beiträge

Lichtschacht und Hochformat

Erst mal Glückwunsch zur Kamera.
Das fotografieren mit Lichtschacht ist schon eine gewöhnungsbedürftige Sache. Durch die Spiegelreflex KB bin ich das auch immer noch nicht gewöhnt und muss mich jedesmal konzentieren das ich in die richtige Richtung schwenke - ein Grund warum ich meist doch den Prismensucher auf meiner MF drauf habe.
Das Problem Lichtschacht und senkrechte Kamera habe ich, wegen dem 6x6, nicht - die Entscheidung wie ich das Bild entgültig gestalten möchte, treffe ich - seitdem ich selber entwickle - erst bei der Vergrößerung.


Steve
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#5

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 01:47
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

Zitat von Penta
Das Problem Lichtschacht und senkrechte Kamera habe ich, wegen dem 6x6, nicht


Ja, eine M66 wäre mir auch noch lieber gewesen nicht nur wegen des Hochformats, aber die gibt es nicht. Leider gibt es auch keine Alternativen. Entweder ist die Technik nicht vergleichbar oder der Preis.

Eines muß ich aber noch nachtragen:
Die Mamiya bringt auf dem 120er Film nicht 16 sondern nur 15 Aufnahmen unter. Das liegt an den fast 1cm breiten Bildstegen. Warum Mamiya das so gemacht hat, weiß ich nicht. Ein Grund könnte sein, daß der "Umlenkknick" vor der Andruckplatte dadurch in den Bildsteg fällt. Wenn der Film ein paar Tage nicht transportiert wurde und der Knick auf das nächste Bild fällt, soll sich das negativ auf die Planlage auswirken. Die Mamiya Leute waren wohl schon immer sehr anspruchsvoll. Ich erinnere mich, daß die Mamiyas als Billigserie unter dem Namen Rolleinar für die KB-Rollei neben den teuren Zeiss-HFT-Objektiven angeboten wurden. In den Tests von Colorfoto schnitten sie damals teilweise besser ab als die Zeiss-Objektive. Es gibt auch eine Story, daß Leica sein Porträttele hat neu rechnen lassen, nachdem sie ein Mamiya 85er in den Fingern hatten.

Gruß
Jochen


Gruß
Jochen
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#6

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 03:02
von Brom • Mitglied | 490 Beiträge

Hi, sehr schöner Bericht. Deckt sich weitgehend mit meinen eigenen Erfahrungen .

Das mit den 15 Bildern ist wirklich wegen der Umlenkung und der Planlage.

Zum diagonalen Schnittbild und Kamera kippen : die Kante des Schnittbilds muss ja nicht im rechten Winkel zu einer Linie im Bild stehen.
Der Trick dabei ist doch, dass man damit senkrechte und waagrechte Linien anpeilen kann (ohne dass man die Kamera drehen muss).

Die fehlenden Wechselmagazine kompensiere ich damit, dass ich einen zweiten Body kaufe
Ist kein Spaß. Eine M645 bekommt man mit Filmeinsatz und Scheibe für etwa 50 Euro, soviel wird ein Wechselmagazin bestimmt auch kosten.
Außerdem hat man dann gleich Ersatz im Haus, wenn doch mal was kaputtgehen sollte (ist ja jetzt auch schon 30 Jahre alt).

Noch ein Tip zur Handhabung: wenn man ohne Film transportiert und auslöst, sollte man den kleinen Hebel auf "Multi" stellen.


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#7

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 03:53
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

Zitat von Brom
die Kante des Schnittbilds muss ja nicht im rechten Winkel zu einer Linie im Bild stehen.
Der Trick dabei ist doch, dass man damit senkrechte und waagrechte Linien anpeilen kann (ohne dass man die Kamera drehen muss).


Ja, so ist es gedacht, aber die einstellgenauigkeit geht dabei meiner Meinung in den Keller. Wenn ich schräg denke, es ist ok, dann sehe ich noch eine deutliche Differenz beim rechtwinkligen Ausrichten.

Zitat von Brom
Die fehlenden Wechselmagazine kompensiere ich damit, dass ich einen zweiten Body kaufe ... Eine M645 bekommt man mit Filmeinsatz und Scheibe für etwa 50 Euro


Ein 2. Kilo mit rumschleppen? nein danke. Ich fürchte ohnehin, daß Du da nicht auf dem aktuellen Stand bist. Ich habe ja nach einem Gehäuse geschaut, weil mein erstes Gehäuse nicht in Ordnung war. Auch ohne Sucher gehen die normal bei knapp 100 Euro weg. Mir reichen aber völlig vorgeladene Filmeinsätze für einen schnellen Filmwechsel. Das mit dem Ersatz(teil)gehäuse kann ich mir ja mal durch den Kopf gehen lassen. Ich habe das defekte Gehäuse ja noch. Mattscheibe und Filmeinsatz wollte ich ohnehin weiter verwenden, womit wir schon knapp bei 50 Euro wären.

Gruß
Jochen


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#8

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 07:43
von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge

Zitat von Brom
... soviel wird ein Wechselmagazin bestimmt auch kosten.



Jep, tut es, oder zumindest fast. Mein zweites Wechselmagazin für die Pro habe ich mit 45 EUR bezahlt.

Grüße
Sven




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#9

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 08:17
von uthaburn • Mitglied | 1.631 Beiträge

Hallo Jochen,
das die 1000er keine Wechselmagazine hat, halte ich nicht für einen Nachteil. Ich wechsel bei meiner Hassi auch nur das Innenleben, dass Magazin bleibt dran.
Einziger Vortei von Wechselmagazinen ist der schnelle Filmwechsel von SW auf Farbe oder Polaroid, aber das braucht man weniger in der Praxis.
VG
Frank


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#10

RE: Mamiya M645 1000s

in Erfahrungsberichte 20.09.2010 08:42
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

Ich bin mit einer Ausnahme (bei KB Standard-SW-Film + 1600er SW) auch äußerst selten mit 2 verschiedenen Filmen unterwegs. Ok, für KB habe ich 3 OM-Gehäuse, falls ich doch mal vielleicht einen Diafilm belichten will und die anderen sind erst halb voll. Bei 15 Aufnahmen auf 1 Film, wird aber wohl nur selten ein angebrochener Film in der Kamera sein. Und falls ich doch mal vorher wechseln will und der Film ist zu 1/3 unbelichtet, dann sind das grade mal 5 Bilder. Bei KB sind 1/3 immerhin 12.

Gruß
Jochen


Gruß
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