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Erfahrungsbericht Canon Prima Twin S

in Erfahrungsberichte 15.03.2010 06:23
von Grisu • Admin | 9.337 Beiträge

Über die Canon Prima Twin S bin ich zufällig bei eBay gestolpert, als sie in einer auslaufenden Auktion für 1 EUR zu haben war. Da ich in meiner Jugend bereits eine (deutlich vielfältiger ausgestattete) Zoomkamera aus der Canon Prima-Reihe besaß, von Canon kaum wirklich Negatives erwarten würde und sonst keiner diese Kamera haben wollte, beschloss ich, ihr ein neues Zuhause zu geben.

Die Kamera
Mein Exemplar der Twin S ist im Bestzustand und macht einen kaum gebrauchten Eindruck. Die Canon ist sehr puristisch ausgestattet und bietet nur all diejenigen Funktionen, die eine Zoomkamera unbedingt haben muss.

Der ungünstig positionierte Ein-/Ausschalter liegt vorne auf dem einfahrbaren Tubus des Objektivs, direkt neben der durch Kunststofflamellen geschützten Linse. Daneben besitzt die Canon – etwas griffgünstiger vorne am Gehäuse angebracht – einen Schiebeschalter für die beiden zur Verfügung stehenden Brennweiten. Ein Selbstauslöser findet sich, eine Möglichkeit zum vorzeitigen Zurückspulen eines nur teilbelichteten Films sucht man allerdings vergebens – wer einen Film entnehmen möchte, muss ihn zuerst vollständig verknipsen. Mit dem letzten Schiebeschalter wählt man zwischen Dauerblitz, Autoblitz mit Vorblitzfunktion und Blitzabschaltung. Betrieben wird die Canon mit einer handelsüblichen CR123A Lithium-Batterie. Das Kunststoffgehäuse knarzt leicht, versucht man es bewusst zu verwinden, ansonsten ist es aber gut verarbeitet. Einen Einsatz bei starkem Schneefall steckte die Canon jedenfalls ohne zu klagen weg. Ein mit einer Plexiglasscheibe geschütztes Zählrad zeigt den Stand der Aufnahmen.

Das Einschalten der Kamera geht recht schnell, wenn auch nicht gerade still vonstatten und eignet sich kaum für stille Situationen (z.B. Hochzeiten). Auch das Auslösegeräusch macht ordentlich Getöse, hier merkt man die Sparmaßnahmen am sehr einfachen Modell. Zudem hat der Auslöser einen harten Druckpunkt, man muss ordentlich zulangen, will man ein Foto machen. Bei Motiven, wo es heißt, schnell reagieren zu müssen, kann es oft schon zu spät sein. Der Filmrücktransport ist mit 27 Sekunden für 36er Filme kein Dynamikwunder und zudem recht laut. Wie alle anderen Funktionen geht auch der Wechsel der beiden Brennweiten nicht still vonstatten, das Ausfahren von 38 auf 70 mm dauert fast 3 Sekunden, das Einfahren 2 Sekunden. Der Blick durch den kleinen Sucher ist auch für Brillenträger unproblematisch, Leuchtrahmen zeigen dem Benutzer bei brauchbarem Licht die Außenumrandung sowie ein mittiges Zielkreuz an, bei Dunkelheit bleibt von den Anzeigen kaum etwas übrig. Schaltet man zwischen den Brennweiten hin und her, kann man beim Blick durch den Sucher gut die Veränderung des Sucherbildes mitverfolgen.

Mit grünem Licht beim Sucher zeigt die Canon ihre Bereitschaft an. Dies blinkt hektisch, wenn die Lichtverhältnisse den Aufhellblitz brauchen. Ob dieses Blinken auch bei unklarem Fokus vorkommt, wurde mir nicht ganz klar. Nutzt man einen Film mit ASA 400 bei diffusem Tageslicht (z.B. bei Schnee), stolpert man ebenfalls oft über das Blinken – vermutlich ist ein 400er Film dann schon zu viel, die Kamera scheint nicht oder nur stark eingeschränkt in der Lage, auch abzublenden oder durch höhere Verschlusszeiten den Lichtzufluss zu begrenzen. Umgekehrt macht sie in der Dämmerung und nachts und mit Selbstauslöser auf ASA 400 Film durchaus akzeptable und korrekt belichtete Bilder, solange es windstill ist – durch die stark an die Außenseite gerückte Stativaufnahme werden bei mäßigen Wetterbedingungen zu viele Schwingungen auf die Kamera übertragen.

Da ich auch trotz intensiver Google-Recherche nur die notdürftigsten technischen Daten ermitteln und keine Bedienungsanleitung finden konnte, habe ich den Verdacht, dass diese Canon nicht für den deutschen Kameramarkt bestimmt war. Die technischen Daten sind wie folgt:

Filmtransport = automatisch
Brennweite = 38 + 70 mm
Lichtstärke = f/3,5 + f/6,0
Fokus = 0,6 m bis unendlich, Autofokus, Messwertspeicherung
Batterie = CR123A
Gewicht = 250 Gramm

Die Optik
Das Zoomobjektiv bietet 38 mm Brennweite mit einer nicht gerade üppigen Lichtstärke von f/3,5 oder 70 mm mit einer recht schwachen Lichtstärke von f/6 an. Damit ist die Wahl der Brennweite recht eingeschränkt, 38 mm sind nicht allzu weitwinklig, 70 mm nicht besonders telestark. Trotzdem lassen sich überraschend viele Situationen – sowohl Landschaft und (nicht allzu eng stehende) Architektur, als auch Portraits – mit diesen beiden Brennweiten abdecken.

Wie keinen überraschen wird, ist die Abbildungsleistung nicht gerade überragend stark und erst recht nicht mit einer Leica mini (zoom), einer Pentax Espio mini oder einer Yashica T3 vergleichbar. Dennoch bieten die 38 mm für eine so einfache Kamera eine akzeptable und weitwinkeltypische, über den gesamten Bildbereich gleichbleibende Schärfe an. Weder ist hier starker Randabfall, noch Vignettierung zu bemerken. Für Papierbilder im Format 13x18 cm reicht die Abbildungsleistung allemal, auch beim Betrachten gescannter Ergebnisse auf dem Monitor ist die Auflösung ausreichend, wer Dias projizieren möchte, sollte zum Ausgleich entweder einen sehr scharfen Film oder eine andere Kamera verwenden.

Mit deutlich herabgesetzter Grundschärfe und einem erkennbaren Randabfall, aber ohne Vignettierung, kommen die 70 mm daher, für Papierbilder in kleinem Format vielleicht gerade noch akzeptabel, aber bereits gescannt am Rechner betrachtet ist von Schärfe kaum noch die Rede. Auch wenn das Modell noch so einfach ist: von Canon hätte ich trotzdem besseres erwartet und bin etwas enttäuscht!

Fazit
Für einen Gelegenheitskauf ist die Canon Prima Twin S ganz nett. Einer Kompaktkamera mit festem Weitwinkel kann sie nur begrenzt das Wasser reichen, ein Vergleich zu einer guten Zoom-Kompakten muss sie aber schon aufgrund der schlechten Tele-Abbildungsleistung scheuen. Die Ausstattung ist puristisch, die Arbeitsweise recht laut. Eine Anschaffung lohnt kaum, die Twin S dürfte auf dem deutschen Gebrauchtmarkt aber auch nicht oft auftauchen. Damit wird sie bei mir ein Dasein in der Vitrine fristen, außer ich brauche eine Kamera fürs richtig Grobe (z.B. beim Skifahren), wo ich aus Angst vor möglicher Beschädigung keine andere mitnehmen möchte.




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Meine Handwerkszeuge: EOS 5D, EOS 5D MK II, EF 24-105/4 L IS USM, EF 70-200/2.8 L USM, EF 50/1.8 II, Cosina AF 19-35/3.5-4.5 Digital, Sigma 12-24 F4.5-5.6 II DG HSM; Canon PowerShot SX50 HS; Yongnuo YN-568 EX II, YN-622C; Panasonic Lumix DMC-G6, Lumix Vario 14-42/3.5-5.6 asph./Mega O.I.S., LUMIX G VARIO 45-150mm / F4.0-5.6 ASPH MEGA O.I.S.
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