#1

Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 27.06.2014 00:03
von F._Kilian • Mitglied | 654 Beiträge

Moin liebe Freunde!

Seit langem geistert mir schon sei eine Idee durch den Kopf: Den Alltag im Nahverkehr zu porträtieren! Ich selbst bin jeden Tag mit Bahn und Bus längere Zeit unterwegs. Jahre bin ich jeden Tag 30km mit dem Bus zur Schule him und zurück gefahren. Es ist einfach so interessant, was die Passagiere da alles machen. Ob sie schlafen, Musik hören, mit dem Fuß wippen, verträumt aus dem Fenster schauen, einfach ihren Gedanken nachhängen... Es gibt da so viele Motive.

Doch bisher ist es kaum zur Umsetzung gekommen. DENN: Wie sieht es eigentl. rechtlich aus und was ist die richtige Technik?

Ich glaube, Leute beim Schlafen oder Träumen zu porträtieren, stößt nicht auf jedermanns Zustimmung. Deswegen möglichst unauffällig und lautlos? Ein Beispiel: Vor einiger Zeit habe ich mal versucht mit meiner Pentax LX ( einer gar nicht mal so großen SLR) im Bus zu fotografieren. Kaum hatte ich ausgelöst schauten mich alle rund herum mit großen Augen an. Der Spiegelschlag war wohl doch aufschreckend... Ich fühlte mich irgendwie ertappt. Also wie könnte ich besser vorgehen? Brauch ich ein Einverständnis der Verkehrsbetriebe?

Achso, eine Messsucherkamera besitze ich bis jetzt nicht... Wäre eine Anschaffung ne gute Idee?

Ich bin gespannt auf eure Meinungen!

LG
Flemming


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"Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen." (L. Wittgenstein)
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#2

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 27.06.2014 00:51
von PitPille • Mitglied | 5 Beiträge

Hallo,

Also rechtlich kann ich dir weiterhelfen.
Das Fotografieren ist wie im Urlaub am Strand. Du darfst jeden Fotografieren aber die Fotos sind dann nur für den Privatgebrauch bestimmt. Du darfst die Fotos nicht in das Internet stellen oder sonst irgendwie veröffentlichen.
Dazu brauchst du von jeder Person auf dem Bild eine Einverständniserklärung.
Und das wird sehr schwierig werden. Andere Möglichkeiten hast du rechtlich nicht.

Hoffe es bringt dich trotzdem irgendwie in deiner Entscheidung weiter :)

Lg
Phillip


Im stolzen Besitz der Fachliteratur:

Zeiss: Kamera-Register 1902-2012 von Bernd K. Otto
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#3

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 27.06.2014 01:35
von namir • Mitglied | 2.452 Beiträge

rechtlich: Wo kein Kläger, da kein Richter... aber: Es gibt durchaus ein gewisses Risiko. Bin jetzt nicht in der Position, da groß einen auf moralisch zu machen, habe auch schon einfach so mir unbekannte Menschen fotografiert, einfach, weil ich es interessant fand, und ohne viel darüber nachzudenken. Das waren z.B. ältere Männer in China mit hochgekrempeltem Unterhemd, oder auch Menschen die irgendwo schliefen (z.B. auf einem Lastenrad...) Einmal, so vor 5 Jahren, kam ich an einem Motorrad vorbei, auf dem gerade ein Junge schlief, fand ich ganz amüsant, ich ging hin, und machte ein Foto. Der Junge wachte dabei auf, und gab mir durch seinen Blick zu verstehen, dass es ihm unangenehm war. Wenn ich so recht überlege, möchte ich persönlich auch nicht gerne von Fremden einfach so fotografiert werden (v.a. nicht in Situationen, die vielleicht interessant sind), empfinde da meine Privatssphäre durchaus gestört. Man macht da jemanden vom Subjekt zum Objekt. Halte mich seit einiger Zeit an Kant und lasse es (meistens) einfach bleiben. GIbt natürlich Fälle, bei denen es grenzwertig ist. Wenn sich jemand in Szene setzt (dadurch, dass er etwas aufführt o.ä.) oder einfach Teil einer Szene ist (z.B. Baustelle), denke ich mir auch nichts, In der Straßenbahn würde ich mir auch nichts denken. Für mich hängt es auch immer davon ab, ob ich mich da jetzt auf eine Person fokussiere, oder eine ganze Szene aufnehme, auf der halt auch ein Schlafender dabei ist. Rein technisch früher gab's auch Pocketkameras, die in Coladosen o.ä. versteckt. Messucher hat keinen schlagenden Spiegel, evtl. könnte auch eine TLR ganz gut sein. sehr leise, man hat die Kamera auch nicht vor dem Gesicht.


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#4

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 27.06.2014 09:57
von Photoamateur • Mitglied | 3.030 Beiträge

Zitat von PitPille im Beitrag #2
Hallo,

Also rechtlich kann ich dir weiterhelfen.
Das Fotografieren ist wie im Urlaub am Strand. Du darfst jeden Fotografieren aber die Fotos sind dann nur für den Privatgebrauch bestimmt. Du darfst die Fotos nicht in das Internet stellen oder sonst irgendwie veröffentlichen.
Dazu brauchst du von jeder Person auf dem Bild eine Einverständniserklärung.
Und das wird sehr schwierig werden. Andere Möglichkeiten hast du rechtlich nicht.

Hoffe es bringt dich trotzdem irgendwie in deiner Entscheidung weiter :)

Lg
Phillip


Da habe ich doch gewisse Zweifel, daß diese Rechtsauffassung zutreffend ist. Leute die einfach durchs Bild laufen sind sicher unproblematisch. Jemandem einfach die Kamera gegen seinen Willen vors Gesicht zu halten, dürfte kaum erlaubt sein. Zumal man auch immer mit gerechtfertigter Notwehr rechnen muß. Vorübergehendes Wegnehmen der Kamera und Film rausreißen zum Beispiel.

Hier ist ein interessanter Artikel:

http://kwerfeldein.de/2012/02/27/strasen...inandersetzung/


gut Licht
Walter
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#5

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 27.06.2014 10:54
von namir • Mitglied | 2.452 Beiträge

Zitat von Photoamateur im Beitrag #4


http://kwerfeldein.de/2012/02/27/strasen...inandersetzung/




sehr guter Artikel, Danke für den link!

Also rein rechtlich wohl grundsätzlich erst fragen, dann knipsen. Bei Portraits wohl auf jeden Fall.


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#6

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 29.06.2014 00:39
von Penta • Mitglied | 1.852 Beiträge

"Den Alltag im Nahverkehr zu porträtieren"

Hallo Kilian,
ohne jetzt Jurist zu sein, kommen mir bei der Idee gleich mehrere Problemfelder in den Sinn.

Aufnahmen in öffentlichen Gebäuden Verkehrsmittel usw. dürften nicht unter die Regelung der "Panoramafreiheit" fallen, Dadurch gilt das Hausrecht des Verkehrsunternehmens. Das ganze lässt sich sicher auf die Spitze treiben - wer hat welches Recht und damit die Möglichkeit ein Genehmigung zu vergeben. Unternehmer A fährt mit seinem Bus für Verkehrsunternehmen B, welche wiederum im Verkehrsverbund C tätig ist?

Ein weiteres Thema ist bei Streetfotografie "das Recht am eignen Bild" ((http://anwalt-im-netz.de/urheberrecht/re...genen-bild.html) oder andere Quellen. Allerdings ist hier ja gerade eine Diskussion entbrannt ob man dies noch weiter verschärft. Auslöser war da u.a. die Edathy-Affäre und laute Überlegungen des einen oder anderen Politikers).
Das Problem mit dem Recht am eigenen Bild ist heutzutage auch ein größeres Thema geworden. Das Fotografieren für sich selber ist ja in der Regel möglich. Sobald es zu einer Veröffentlichung kommt (also man das Bild einer weiteren Person zeigt) ist Zustimmung erforderlich. Zwar gibt es auch die stille Zustimmung - aber Beweis die mal.
Durch Internet und das gedankenlose Veröffentlichen von Bildern setzen sich auch mehr Leute mit Ihren Rechten auseinander (auch denen hilft das Internet).
Ich selber hatte Ruckzuck ne Diskussion wo ich meine Kamera in der Nähe einer Haltestelle aufgebaut hatte um zum einen Transportmittel und zum anderen etwas Streetfotografie zu machen. Da ich mit den Bilder eigentlich auch nichts machen konnte (außer sie selber anzuschauen) habe ich diese dann doch vernichtet),

Ich fürchte das auch ein Fachanwalt dir kaum einen legalen Weg zeigen kann, aber nur dieser darf und kann dir deine Rechtstellung erläutern.


Steve
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#7

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 29.06.2014 00:45
von Hans Wöhl • Mitglied | 1.172 Beiträge

Zitat von Penta im Beitrag #6
"
Ich fürchte das auch ein Fachanwalt dir kaum einen legalen Weg zeigen kann, aber nur dieser darf und kann dir deine Rechtstellung erläutern.


Klar gibt es einen Weg: Als sehr sympathischer netter Mensch auftreten und ganz lieb um Erlaubnis fragen. Das wird natürlich bei schlafenden etwas schwierig.


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#8

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 29.06.2014 03:37
von Penta • Mitglied | 1.852 Beiträge

Hans,

das Problem am deutschen Recht ist, du must die Personen vorher um Erlaubnis fragen - bevor du auf den Auslöser drückst! Die Zustimmung kann zwar auch mündlich oder über Gesten sein - mit dem Problem des Beweises- aber in dem Moment hast du schon eine gestellte Aufnahme.
Wenn er, um die Stimmung aufzunehmen, heimlich fotografiert, dann hat er auch keine Zustimmung und damit zumindest die Einschränkung dass die Aufnehmen kein dritter sehen darf.
Bevor jetzt der Spruch "wo kein Kläger, da kein Richter" kommt - die Frage war nach der rechtlichen Situation. Das nächste ist ja sowieso ob der Spruch in Teilen nicht überholt ist, wenn man sich die Folgen der Ideen zu Gesetzesänderungen aufgrund des Pressehybe zu den Bilder und dem Anfangsverdacht der Strafverfolgungsbehörden ansieht. Mir ist auf jeden Fall die Lust auf Streetfotografie total vergangen. Letzte Woche waren wir in der Regensburgeraltstadt und in einer Seitenstraße - enge alte Bebauung, Kopfsteinpflaster, In Hintergrund die Donau und ein Kind (geschätzt um die 1o) weißes Kleidchen auf den Stufen sitzend bzw. spielend. Licht toll, Atmosphäre toll, schönes SW Motiv - ich hatte aber weder davor oder danach Lust auf irgendeine Diskussion, weswegen ich die Kamera in der Tasche lies. Hätte es eine Möglichkeit gegeben legal die Stimmung zu fotografieren - nein. Zum einen war kein Erziehungsberechtigter zu sehen (und alle erziehungsberechtigten müssten zustimmen). Hätte man das Kind fragen können? Nein - erst mit 18 darf es Verträge schließen, außerdem wäre die Stimmung dann hinüber. Selbst wenn die Erziehungsberechtigten in der Nähe wären, glaube ich nicht das es eine Zustimmung geben würde - egal wie freundlich man frägt.
Okay, im ÖNV sind auch Erwachsene, die Leute sind da aber oft müde, überarbeitet, genervt oder sonst leicht reizbar. Nicht immer für den Fotografen gesund.
Bei uns ist es teilweise schon stressig nur ne Kamera am Hals hängend zu haben. So war ich vor einiger Zeit unterwegs um Teile unseres Bahnhofes vor dem Abriss zu fotografieren. In der Nähe klebte gerade jemand gerade seine Protestkleber auf Lampen. Kaum hatte er mich gesehen war er schon da und laberte sehr gereizt "vom Recht am eigenen Bild". Davon abgesehen das ich ihn überhaupt nicht beachtet, geschweige den fotografiert hatte, bliebe die Frage ob er durch das aufkleben des Protestes nicht zu einer Person der Zeitgeschichte geworden ist und damit "sein Recht am Bild" eingeschränkt ist.

Bezogen auf Kilians Frage "Ich glaube, Leute beim Schlafen oder Träumen zu porträtieren, stößt nicht auf jedermanns Zustimmung. Deswegen möglichst unauffällig und lautlos?" sehe ich keinen legalen rechtlich sauberen Weg.


Steve
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#9

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 30.06.2014 05:13
von bilderknipser • Moderator | 9.358 Beiträge

Ich frage meistens und nicht nur, ob ich fotografieren darf sondern auch ob ich veröffentlichen darf. Erste Frage meistens "ja" 2. Frage meistens "nein". Allerdings frage ich nur, wenn ich eine bestimmte Person im Fokus habe.
Eine Fotokünstler hat mir auf die Frage, ober er fragt geantwortet "nein, dann posieren die Leute". Das ist Unsinn bzw. sein Problem, denn dann ist er nicht schnell genug und/oder hat nicht den richtigen Blick (seine Bilder sind auch langweilig).
Ich frage auch manchmal nicht, aber dann werden die Bilder nicht veröffentlicht sondern wandern in meine Printgalerie. Heimliche bzw. voyeuristische Fotografie kommt für mich aber nur in Frage, wenn man die Person nicht erkennt.

Und was das Hausrecht angeht: in den meisten öffentlichen Bereichen (Bundesbahn, Parks usw.) ist das Fotografieren zu nicht-kommerziellen Zwecken erlaubt.


Gruß
Jochen
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analog: Olympus OM-2 und OM-4, Kodak Retina IIIC, IIIS und Retina Reflex S; digital: Pansonic Lumix GH3 und GF6
meine Galerie http://www.pbase.com/buschkoeln
meine HP http://jochen-b.de/


zuletzt bearbeitet 30.06.2014 05:15 | nach oben springen

#10

RE: Portraits im öffentlichen Nahverkehr

in Projekte 30.06.2014 08:11
von Thomas 55 • Mitglied | 778 Beiträge

zu den rechtlichen Dingen kann ich nix sagen, aber ein Problem sehe ich: meinetwegen, jemand schaut gedankenverloren aus dem Busfenster, gerade diese szene, mit spiegelndem Kopf in der Scheibe, interessante Außenkulisse, gerade das richtige Licht - und nun zerstöre ich die Szenerie indem ich laut Frage "darf ich sie fotografieren?" - am besten unauffällig vorher fotografieren, dann fragen und danach (bei Zustimmung) eine Alibiaufnahme machen.


gruss
Thomas
zuletzt bearbeitet 30.06.2014 08:11 | nach oben springen






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